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Donnerstag, August 28, 2008

Heimlich, still und leise...

...wurde das Schimmelmann-Schandmal vor Kurzem abgebaut. Nachdem die Bezirksversammlung endlich beschlossen hat, das hässliche Teil zu entfernen, hat sich jetzt plötzlich auch die Imtech GmbH als Eigentümerin zu Wort gemeldet und die Leihgabe an den Bezirk Wandsbek zurückgenommen. Grund war angeblich der "Aufruhr, den es im Bezirk wegen der Skulptur gegeben hatte" (Quelle). Warum dieser "Aufruhr" die Imtech in den letzten zwei Jahren nicht gestört hat und die Firma jetzt kurz vor der Entfernung durch den Bezirk eingreift, bleibt natürlich ein Rätsel. afrika-hamburg sagt dazu:
"Sollte die mit obrigkeitlichem Gestus erfolgte Installation der Büste einen Sklavenhändler zur imageträchtigen Heimatfigur stilisieren, so sollte die klammheimliche Demontage nun offenbar eine angemessene Dokumentation dieses merkwürdigen Vorgangs verhindern. Forcierte Mythisierung und Verdrängung liegen nahe beieinander."
So bleibt auf der einen Seite Freude darüber, dass dieses Schandmal endlich entfernt ist und unsere Proteste etwas bewirkt haben, andererseits hinterlässt dieser Vorgang einen sehr faden Beigeschmack.

Und im Bezirk Wandsbek? Da hat man ganz große Sorgen:
"Sie befürchtet jedoch, dass die Diskussion über die Kolonialgeschichte nun abreiße. "Wenn der Anstoß fehlt, wird vielleicht gar nicht mehr darüber geredet." Eine Umbenennung der Straßen, die nach Schimmelmann benannt sind, sei nicht geplant."(Quelle)
Diese Sorgen sind allerdings nicht begründet, schließlich gibt es in Hamburg so viele Spuren von Kolonialismus, dass es leider noch sehr lange sehr viele Anstöße dazu geben wird, Rassismus und Kolonialismus zu thematisieren. Traurig, aber wahr...

Samstag, Juli 12, 2008

Abendblatt über Schimmelmann

Als damals das Schandmal für den Menschenhändler Schimmelmann aufgestellt wurde, hielt sich das Hamburger Abendblatt vornehm mit der Berichterstattung zurück. Vor allem von den Protesten gab es wenig zu sehen. Die Mopo dagegen berichtete regelmäßig und inklusive Titelseite. Damals war auch die Hamburger GAL ganz weit vorne dabei und stellte mehrmals Anträge auf einen sofortigen Abriss. Die SPD-Fraktion war auch dagegen, stellte aber gemäßigtere Forderungen. Die CDU-Fraktion nutzte ihre absolute Mehrheit (aus), um alle Proteste abzuschmettern und ihrem Bezirksamtsleiter Gerhard Fuchs eine "weiße Weste" für seine Beförderung zum Staatsrat zu ermöglichen (klick).

Mittlerweile ist die SPD die Partei, die sich in Wandsbek die Abschaffung des Schandmals zum Ziel gesetzt hat. CDU und GAL stimmen dem SPD-Antrag zu und plötzlich berichtet auch regelmäßig das Abendblatt (dafür gibt's in der Mopo nur noch Randnotizen). Hier ein Ausschnitt aus einem Artikel von heute, den ich sehr erfreulich finde, mich aber trotzdem sehr wundern muss, dass man Schimmelmann erst jetzt dort so schlimm zu finden scheint und Dierk Strothmann in folgender Weise über ihn berichten lässt:

Es gehört sich nun einmal für jeden anständigen Menschen, zu dem zu stehen was er getan hat - auch wenn es schlimm und peinlich ist. Und wenn etwas falsch ist, dann ist es falsch, selbst dann, wenn es alle machen. So ist das auch mit Hamburg und dem Sklavenhandel.

Als vor einiger Zeit in Wandsbek eine Büste des Kaufmanns Heinrich Carl von Schimmelmann, der am 13. Juli 1724 geboren wurde, aufgestellt wurde, da war die Aufregung groß - mit Recht, denn dieser Schimmelmann war ohne jeden Zweifel ein ganz Großer im rücksichtslosen Vertrieb der Ware Mensch und wurde dadurch so reich, dass er sich am Michel einen Stadtpalast und das Ahrensburger Schloss (inklusive mehrerer Hundert Leibeigener) sowie das Gut Wandsbek kaufen konnte. Sein vielleicht doch ein wenig angekratztes Gewissen beruhigte er mit "milden Stiftungen für Arme" und der Gründung des "Wandsbeker Bothen".

Warum nicht gleich so? Man kann sich nur wundern...

Donnerstag, Juni 19, 2008

Schimmelmann: Nur noch 3 Monate im Puvogel Garten

Nun steht ein Datum für die Entfernung des Versklaver-Schandmals: 30. September 2008. Man kann erwarten, dass die CDU-Fraktion auf einer erneuten Aufstellung an anderer Stelle bestehen wird. Doch laut Abendblatt wurde zumindest beschlossen, dass dies nur im Rahmen einer kritischen Würdigung passieren darf.

Ein klarer Erfolg für die Proteste der Schwarzen Community Hamburgs und all der Organisationen, die uns bei den Protesten unterstützt bzw. sich auch eigentständig eingebracht haben!

Dienstag, Mai 20, 2008

Verwirrspiel um Schimmelmann-Entscheidung

Leider sind sich die Partei-Abgeordneten aus Wandsbek nicht einig darüber, was in der letzten Bezirksversammlung nun eigentlich beschlossen wurde. Hier ein Ausschnitt aus einem Statement der SPD als Antwort auf eine Rückfrage der Black Community :

Ich kann Ihre Irritation gut verstehen. Zumindest, wenn Sie eine derartige, Ihnen gegenüber unverantwortlich irreführende Stellungnahme von Herrn Duge erhalten haben.
Offensichtlich stört es ihn, dass der Erfolg in Sachen Schimmelmann nun nicht in erster Linie mit der GAL in Verbindung gebracht wird.
Wir haben immer betont, dass der letztlich erfolgreiche Protest gemeinsam mit der GAL und vielen anderen Mitstreitern erfolgte.
Was ist aber nun beschlossen worden? Die Bezirksversammlung hat vereinbart, dass der SPD-Antrag in den noch zu gründenden Kulturausschuss überwiesen wird, aber mit der eindeutigen Maßgabe, dass das Denkmal am derzeitigen Ort abgebaut wird und man im Ausschuss lediglich noch darüber berät, was weiter mit dem Denkmal geschieht. Genauso sollte es ins Protokoll eingehen. Die CDU z.B. möchte es nicht einfach in den Keller stellen. Ich könnte mir vorstellen, dass man es in einen konzeptionellen Gesamtzusammenhang stellt, in dem tatsächlich eine geschichtskritische Beleuchtung der Person Schimmelmann stattfindet. Hier muss eine kluge Form gefunden werden, bei der die kolonialen Verbrechen nicht etwa in einem Nebensatz erscheinen, sondern sehr deutlich, etwa mit einem "Gegendenkmal", ins Bewusstsein gerückt werden. Ich würde mich freuen, wenn Sie diesen Prozess konstruktiv weiter begleiten würden.
Ersteinmal aber bleibt festzuhalten, dass das Schimmelmann-Denkmal und damit die Ehrung eines Sklavenhändlers kurzfristig vom Wandsbeker Marktplatz verschwindet. Wir können uns also uneingeschränkt über diesen gemeinsamen Erfolg freuen.
Ich hoffe auch, dass ich Ihre Einschätzung "der Politiker" zumindest in dieser Sache und zumindest bezüglich unserer Fraktion wieder revidieren konnte.

Mit besten Grüßen

Rainer Schünemann


Mitglied der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Wandsbek
Regionalsprecher Kerngebiet
(Eilbek, Jenfeld, Marienthal, Tonndorf, Wandsbek)

Wem wir gerade glauben sollen, ist uns allen nicht klar. Um jedoch so ein Hickhack in Zukunft zu vermeiden, werden wir sicherstellen, dass die Hamburger Community bei der ersten Sitzung des Kulturausschusses dabei ist und daher selbst aus erster Hand berichten kann.

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NACHTRAG 22.05.2008

Die Version der SPD wurde mittlerweile verifiziert und damit ist klar, dass SCHIMMELMANN VERSCHWINDET!!!
Die Black Community Hamburg wird sich weiterhin bemerkbar machen und auch in der Kulturausschussitzung dafür plädieren, dass das Schandmal nicht nur den Ort wechselt, sondern komplett aus dem öffentlichen Raum verschwindet.

Donnerstag, Mai 15, 2008

Schimmelmann: der böse Spuk ist doch noch nicht vertrieben

Wie mir gerade von der GAL-Fraktion aus Wandsbek mitgeteilt wurde, war der Artikel im Hamburger Abendblatt leider nur eine Ente:

Leider hat das Abendblatt schlecht recherchiert und die Unterscheidung zwischen einem Beschluss und einer Überweisung falsch wiedergegeben.
Beschlossen wurde nur, dass der Antrag auf Entfernung der Schimmelmann-Büste in den Kulturausschuss überwiesen wurde. Dort wird weiter beraten. Die CDU zeigt nun allerdingsBewegung überhaupt über das Thema zu sprechen, weil sie den Antrag nicht gleich abgelehnt hat. Wir haben Hoffnung, dass die Büste in absehbarer Zeit abgebaut wird, mehr leider aber nicht. Wann der Ausschuss tagt ist noch nicht klar, weil der Ausschuss noch gar nicht gebildet wurde. Vermutlich wird der Termin im Juni liegen.

Viele Grüße
Olaf Duge

Was kann man dazu noch sagen?
Es tut mir persönlich sehr Leid, dass diese Information nun so viele, die sich über den Erfolg der Schwarzen Community gefreut hatten, enttäuscht.
Verloren ist der Kampf allerdings noch nicht, er ist nur leider noch nicht gewonnen.

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NACHTRAG 22.05.2008

Offensichtlich war diese Aussage der GAL fehlerhaft und von ominösen Interessen motiviert. Nach einer schriftlichen Rückfrage durch die Black Community an GAL und SPD reagierte einzig die SPD mit einer Klarstellung, aus der ich einen Auszug hier veröffentlicht habe. Die Version der SPD wurde mittlerweile verifiziert und das bedeutet, dass SCHIMMELMANN VERSCHWINDET!

Samstag, Mai 10, 2008

Schimmelmann: Der Spuk ist bald vorbei!!!

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Nach den erbitterten Auseinandersetzung mit der CDU, die im letzten Jahr noch einstimmig für den Erhalt der Büste für den Menschenrechtsverbrecher Schimmelmann stimmte, war man in dieser Woche in der Bezirksversammlung plötzlich einstimmig dagegen:

Der Streit um die Schimmelmann-Büste im Wandsbeker Puvogel-Garten ist beendet. Die Bronzeplastik soll verschwinden - das beschloss die Bezirksversammlung Wandsbek jetzt einstimmig. Damit lenkt die CDU nach mehr als eineinhalb Jahren ein: SPD- und GAL-Fraktion hatten, wie berichtet, bereits im September 2006 gegen die Aufstellung protestiert und fortan gefordert, die Büste des umstrittenen Hamburger Kaufmanns Heinrich Carl Graf von Schimmelmann (1724 bis 1782) zu entfernen. Dieser erwirtschaftete einen Großteil seines Vermögens mit Sklavenhandel.
Bleibt zu hoffen, dass die Büste nicht nur von dort weg kommt, sondern - wie mehrmals von der Black Community Hamburg gefordert - komplett aus dem öffentlichen Raum verschwindet:

Bevor Schimmelmann verschwindet, muss im Bezirk ein neuer Kulturausschuss gegründet werden, der entscheidet, was mit der Skulptur geschieht. "Wenn sie anderswo aufgestellt wird, muss das in passendem Umfeld sein - an einem Ort, der die kritische Aufarbeitung mit Geschichte zulässt", so Olaf Duge (GAL). Er hofft auf einen schnellen Beschluss.
Quelle: Hamburger Abendblatt

Montag, Mai 05, 2008

Neue Entscheidung über das Schimmelmann-Schandmal

Die SPD-Fraktion in Hamburg-Wandsbek hat einen neuen Antrag auf Entfernung des Schandmals für den Menschenrechtsverbrecher Schimmelmann gestellt:
Debattenantrag:
Die Schimmelmann-Büste muss weg! !
Sachverhalt/Fragen
Ende 2006 gab es eine heftige Diskussion über die Frage, ob es berechtigt und zeitgemäß ist, eine Schimmelmann-Büste aufzustellen. Mit nicht nachvollziehbaren Argumenten hat die CDU-Mehrheit verhindert, die Konsequenzen aus der unkritischen Darstellung der Person Schimmelmann in der Öffentlichkeit zu ziehen. Bereits im Oktober 2006 hat die SPD-Fraktion angekündigt, nach der Wahl das Thema wieder aufzugreifen.

Beschlussvorschlag
Vor diesem Hintergrund beschließt die Bezirksversammlung:
Die Bezirksamtsleiterin veranlasst die Entfernung der Schimmelmann-Büste aus dem öffentlichen Raum und gibt sie dem Eigentümer zurück.
Die Bezirksversammlung ist öffentlich und findet am 08.05.2008 statt. Die Bezirksversammlung tagt ab 18.00 Uhr im BFW-Berufsförderungswerk Farmsen, August-Krogmann-Str. 52, 22159 Hamburg, Haus U, (1. Stock). Eine gute Gelegenheit, die Nachfolgerin von Gerhard Fuchs kennenzulernen und zu sehen, ob sie im Gegensatz zu ihm einfache Umgangsregeln beherrscht und ihr Gegenüber beim Gespräch ansehen kann.

Montag, April 28, 2008

Schimmelmann: It ain't over before it's gone

Das Denkmal steht noch immer und wir haben das nicht vergessen und uns auch nicht damit abgefunden. Die Leser von BLACKprint werden ab und an daran erinnert. Zum Beispiel mit einem Film von Skrollan Alwert:

Dienstag, Februar 19, 2008

Wird ein weiterer Sklavenhändler in Hamburg geehrt?

Folgenden offenen Brief richtete Jokinen von afrika-hamburg an den Altonaer Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose:

O F F E N E R B R I E F

Große Bergstraße
Umbenennung „Frappant“ zu „Christians-Quartier“

Sehr geehrter Herr Warmke-Rose,

dem „Altonaer Wochenblatt“ vom 13.2.2008 entnehme ich, dass der „Frappant“-Komplex nach Umbau „Christians-Quartier“ heißen soll, benannt nach dem dänischen König Christian VI (1699-1746).

Der Investor k-werkstatt schreibt auf der Webseite www.christians-quartier.com:

„Eine Neukonzeption und -gestaltung des Grundstücks Große Bergstraße 164-180 bedingt ganz von selbst auch einen neuen Namen. k-werkstatt sieht darin die Chance, ein selbstbewusstes Zeichen für die Neubelebung eines ganzen Stadtteils zu setzen. ... k-werkstatt wählte diesen Namen als einen Hinweis auf die Blütezeit Altonas Ende des 18. Jahrhunderts. Unter dem dänischen König Christian VI entwickelte sich die Stadt zur zweitgrößten Stadt Dänemarks. In dieser Zeit lebten und wirkten in Altona so wichtige Personen wie Johann Friedrich Struensee, Friedrich Gottlieb Klopstock oder Carl Heinrich Behn, der beispielsweise die stadtplanerischen Grundzüge des heutigen Altonas legte. Warum sollte es nicht möglich sein, diese positiven Aspekte wieder aufleben zu lassen?“

Ich nehme an, dass diese Namensnennung in Unkenntnis wichtiger historischer Fakten gewählt wurde. Während die oben erwähnten Geistesgrößen an der Elbe bei Altona spazieren gingen, kamen die Schiffe des dänischen Königs und seiner „Dänisch-Westindisch-Guinesischen Kompanie“ im Altonaer Hafen an. An Bord Kolonialwaren von den Plantagenwirtschaften in der Karibik: Zucker, Baumwolle, Kaffee, Tabak - und Sklaven als Pagen und „Kammermohren“ für die Reichen und Adligen in Schleswig-Holstein und Brandenburg.

Christian VI war Hauptaktionär der „Dänisch-Westindisch-Guinesischen Kompanie“ und damit einer der größten Sklavenhändler und -halter im transatlantischen Dreieckshandel. Seine Vorgänger Christian V und Frederik IV hatten den globalisierten Sklavenhandel zwischen Kopenhagen, Guineischer Küste in Afrika und den Jungferninseln in der Karibik angeschoben. Sein Nachfolger Frederik V perfektionierte das perfide System des Menschenhandels, der zur Haupteinnahmequelle des Königs wurde und wesentlich zum Reichtum des dänischen Staates beitrug.

In Altona profitierten vom dänischen Sklavenhandel unter vielen anderen auch Emile Nölting, der sein Geld auf der dänischen Karibik-Insel St. Thomas machte und der Reeder von (van) der Smissen, der Sklavenschiffe chartete - beide werden in Altona mit Straßennamen geehrt.
Christian VI von Dänemark trat 1730 als ältester Sohn von Frederik IV seine Regentschaft (1730-1746) an. Die Krönungsfeier fand 1731 statt, an der auch sein Oberstallmeister teilnahm, der zugleich Direktor der königlich initiierten „Dänisch-Westindisch-Guineischen Kompanie“ war. Als Ausdruck seiner hohen Stellung kam er mit seinem Sklaven, dem "Kammermohren" Anton.
Zu dieser Zeit besaß Dänemark bereits Festungen wie Fort Christiansborg an der afrikanischen "Goldküste" (heute Ghana) als Stützpunkte für den transatlantischen Sklavenhandel. Auf den karibischen Inseln St. Thomas und St. Jan befanden sich große Sklavenplantagen, auf denen vor allem Zucker, Baumwolle und Tabak für Europa angebaut wurde. Dafür fungierte Altona, damals Dänemarks Seehafen an der Elbe, als wichtiger europäischer Knotenpunkt des Dreieckshandels.

1733 erwarb Dänemark noch die Karibikinsel St. Croix, die für die Zucker- und Rumproduktion vor allem in Flensburg wichtig werden sollte. Auf St. Croix wurde im gleichen Jahr die Stadt Christiansted gegründet, benannt nach Christian VI. Zu dieser Zeit gab es auf St. John 109 Plantagen, davon 21 mit Zuckerproduktion mit wachsender Tendenz. Die dänische Insel St. Thomas war einer der bedeutendsten Umschlagsorte des Sklavenhandels in der Karibik.

Der „St. John Slave Code“, ein Strafreglement, das am 5. Sept. 1733 - vor 275 Jahren - vom dänisch-königlichen Kolonialgouverneur Philipp Gardelin erlassen wurde, erhielt 19 Paragraphen zur Behandlung von Sklaven auf den drei Inseln. Es gehört zu den berüchtigsten und grausamsten der europäischen Kolonialgeschichte.

Einleitend heißt es, dass das Reglement "unseren Negern, die von Gott selbst zu Sklaven gemacht sind" gilt. Das Strafreglement sah neben Auspeitschungen Brandzeichnen vor sowie - in Zeiten der „Aufklärung“ - so mittelalterliche Strafen wie Amputation von Ohr, Hand, Arm oder Bein, Foltern mit glühenden Zangen, Rausreißen von Fleischstücken aus dem Körper, Rädern, Hängen oder Verbrennen auf dem Scheiterhaufen. Wie es beispielsweise im Pararagraphen 8 heißt, wird als Strafmaß für das "Maron laufen" - das Entlaufen eines Sklaven von der Herrenplantage - festgelegt: "Wer 6 Monate lang wegbleibt, soll das Leben verlieren, es sei denn sein Herr verzeiht ihm und begnügt sich mit dem Verlust des Beines." Der Zeitzeuge Reimert Haagensen berichtet 1758, dass viele Sklaven lieber den Tod durch eigene Hand suchten, als sich in die Hände der Kolonialhäscher zu begeben. Haagensen hatte jedoch kein Mitleid, weil er der Meinung war, dass Sklaven „von Natur aus schlecht“ seien.
(Quelle: www.book.google.com)

In Guinea an der afrikanischen "Goldküste" gehörte der Sklavenhändler Ludwig Römer (1714–1776), der 14 Jahre lang als Oberkaufmann in dänischen Diensten zu Zeiten Christians VI tätig war, zu den Wenigen, die sich der Schuld bewusst wurden, die sie durch die Ausübung ihres grausamen Gewerbes auf sich geladen hatten. Er kritisierte in einem Buch die Europäer, alles eingeführt zu haben, was in Afrika böse ist. (Quelle: Stefan Winkle: Firma Schimmelmann und Sohn. Der dänische Sklavenhandel, Hamburger Ärzteblatt 12/03)

Die auf den karibischen Plantagen arbeitenden Sklaven mussten selbst in der Lage sein, sich zu ernähren. Sie hatten kleine Gärten angelegt, doch das Jahr 1733 wurde durch eine Dürreperiode und Hurricanes heimgesucht. Die koloniale Monokultur trug weiter dazu bei, dass die Gärten durch Erosion vernichtet wurden. Hungersnot, das gerade erlassene Strafreglement und die äußerst grausame Behandlung durch die Plantangenbesitzer und Kolonialverwaltung trugen dazu bei, dass viele Sklaven entliefen. Ein Aufstand brach am 23. Nov. 1733 aus. Erstmals gelang es in die Sklaverei verschleppten Afrikanern, eine ganze Insel über eine für die Kolonialmächte
bis dahin undenkbare Zeit (sechs Monate) zu kontrollieren. Der Aufstand wurde mit Hilfe französischer Truppen brutalst niedergeschlagen. Hunderte brachten sich um, bevor sie gefangen genommen werden konnten. So konnten sie der Folterei und Exekution entgehen.

Im Todesjahr Christians VI 1746 zählte man auf den drei dänischen Junferninseln 17.000 Sklaven - obwohl die Willkürherrschaft und die Gesundheitsverhältnisse als geradezu „mörderisch“ galten. (Quelle: Stefan Winkle a.a.O. )
Der dänische „Slave Code St. John“ und der Aufstand in der Regierungszeit Christians VI nimmt eine wichtige Stellung in der postkolonialen Erinnerungskultur der Karibik ein. Erst 1848 führte ein erneuter großer Sklavenaufstand zur Aufhebung der Sklaverei auf den dänischen Karibikinseln, mit denen auch Altonas Handel und Wirtschaft eng verknüpft war.
Aus der grausamen Geschichte des globalen Sklavenhandels kann kein „selbstbewusstes Zeichen für die Neubelebung eines ganzen Stadtteils“ (Zitat k-werkstatt) abgeleitet werden. Selbst wenn der absolutistisch herrschende und nur derart bedingt aufgeklärte dänische König Gutes für Altona (Gründung Christianeum; Bau Christianskirche, St. Trinitatis) geleistet hat, dürfen seine kolonialen Schattenseiten nicht ignoriert werden. Gegen den dänischen Sklavenhandel ging schon Friedrich Struensee vor. Ein solcher König eignet sich nicht als Namensgeber für einen in die Zukunft blickenden Stadtteil, der auch PartnerInnen und BesucherInnen aus anderen Kontinenten einlädt. Und die verdrängte und vergessene Kolonialgeschichte Altonas, Hamburgs und des Unterelberaums gehört erforscht und erinnert.

Ich möchte Sie auf unser aktuelles Kunstprojekt aufmerksam machen: die Ausstellung "wandsbektransformance - die Gegenwart des Kolonialen" im Kunsthaus Hamburg. Als Kolonialprotagonist rückt hierbei auch Heinrich Carl von Schimmelmann ins Visier der beteiligten Kunstschaffenden - jener einst von Wandsbek, Hamburg und Kopenhagen aus transatlantisch operierende Großaufmann, Fabrikant und Sklavenhändler, Vorbild für die 2006 amtlich installierte Büste am Wandsbek-Markt.

Mit freundlichen Grüßen
Jokinen
bildende Künstlerin

Samstag, Februar 09, 2008

Fortsetzung Wandsbektransformance

Hamburg-Wandsbek war eines der Zentren des kolonialen Handels - davon zeugen noch Denkmäler, Straßennamen und Fabrikgebäude. Auch hier leben und arbeiten heute AfrikanerInnen. Über den umstrittenen sog. 'Tansania-Park' in Hamburg-Jenfeld wurde in der Presse genauso berichtet wie gegen die 2006 neu aufgestellte Sklavenhändler-Büste Schimmelmanns in Wandsbek protestiert. Den Spuren der Vergangenheit und Prozessen und Gedenkkulturen der Gegenwart will das beteiligungsorientierte Projekt wandsbektransformance nachgehen.

Im September 2007 haben Kunstschaffende aus Afrika und Hamburg, StadtkartiererInnen und HistorikerInnen, Schulklassen und StadtteilbewohnerInnen im öffentlichen Raum interveniert. Die Stadtteilbevölkerung beteiligte sich an den Aktionen: an einer Straßen-Be-Schreibung, an Kartierungstouren mit GPS-Geräten, an der Sammelstelle 'Wißmannklappe' mit Bildern, Gedanken, Texten und Träumen sowie an der rituellen Begehung zur postkolonialen Heimatkunde und Mythenbeschau WandsbekWorldWhite.

Im März 2008 wird eine Ausstellung im Kunsthaus Hamburg Einblicke in diesen Prozess geben. Präsentiert werden dabei die Spuren der Recherchen und Reaktionen, Kartierungen und Interventionen in Bildern, Dokumenten, Objekten und Installationen.

Ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm mit Filmen, Lesungen, Vorträgen und Künstlergesprächen wird die Ausstellung begleiten.

Bitte entnehmen Sie die aktuellen Termine unter Aktuelles. Eine Übersicht finden Sie im Veranstaltungskalender und unter Projekte in Wandsbek.

Mittwoch, Januar 30, 2008

Überraschung: Welt über Kolumbus, Schimmelmann und Raummüll

Gerade in der Welt entdeckt:

Einer, der im Atlantikhandel sehr gut verdiente, war der Baron Heinrich Carl von Schimmelmann. Er lebte von 1724 bis 1782 und galt als der reichste Mann Europas. Die Erinnerung an den erfolgreichen Unternehmer fand jedoch nicht den Weg ins All. Sie versteckt sich in Gestalt einer kleinen Bronzebüste auf einer dreieckigen Verkehrsinsel im unauffälligen Hamburger Stadtteil Wandsbek. Eine Texttafel neben dem Denkmal würdigt ihn als "Begründer der wirtschaftlichen Stärke Wandsbeks" und erläutert, er sei "auch durch den sogenannten Dreieckshandel (Kattun und Gewehre, Sklaven, Zuckerrohr und Baumwolle) zwischen Europa, Afrika und Amerika" zu seinem Reichtum gekommen. Dieses Geschäftsmodell hat seinen Namen von dem dreieckigen Kurs über den Atlantik, dem europäische Handelsschiffe mehr als zwei Jahrhunderte lang folgten. Im Falle Schimmelmanns bildete die Handelsroute zugleich eine in sich geschlossene, globale Produktionskette: Seine 14 Schiffe transportierten von Europa Kattungewebe, Gewehre und Alkohol zur Westküste Afrikas. Dort nahmen sie Sklaven an Bord und brachten sie in die Karibik, wo sie entweder auf Schimmelmanns Plantagen arbeiteten oder verkauft wurden. Für die Rückreise nach Europa luden die Schiffe Baumwolle und Rohzucker, die wiederum in Schimmelmanns eigenen Manufakturen zu Kattun und Branntwein für den Afrikatransport verarbeitet wurden.

Schimmelmanns Geschäftsbücher, die der Historiker Christian Degn akribisch durchgesehen hat ("Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel", Wachholtz Verlag), verzeichnen bereits fürs erste Jahr nach dem Erwerb der Plantagen, als dort noch viele Aufbauarbeiten ausgeführt werden mussten, eine Rendite von über zehn Prozent. Das war mehr als das Doppelte von dem, was Gutsbetriebe in Europa einbrachten. Viermal fuhr allein das Sklavenschiff "Fredensborg" zwischen 1778 und 1789 das Dreieck und verschleppte dabei 1552 Afrikaner auf die Jungferninseln. Ein auf die Brust gebranntes S in einem Herzen kennzeichnete sie als Eigentum der Handelskompanie. Ungefähr jeder Sechste starb noch während der Überfahrt. Auf den Plantagen wurden Fluchtversuche mit dem Abhacken eines Beins bestraft. Inventarlisten verzeichnen auffallend viele Sklaven "mit einem Holzbein".

Seit der Enthüllung des Schimmelmann-Denkmals im September 2006 hat es immer wieder Proteste provoziert. Mehrmals wurde es mit roter Farbe bespritzt. Der Ärger entzündet sich zum einen an der hanseatischen Diskretion, mit der hier die gewalttätigen Wurzeln der wirtschaftlichen Stärke Wandsbeks abgehandelt werden. Er hat aber auch damit zu tun, dass dieses Denkmal am falschen Ort errichtet wurde. Denn bei Schimmelmann geht es nicht um Regionalgeschichte. Der erfolgreiche Unternehmer, der die Sklavengeschäfte im Namen des dänischen Königs durchführte, steht für ein Geschäftsmodell, von dem ganz Europa profitierte. Die Erinnerung daran ist im unscheinbaren Puvogelgarten in Hamburg-Wandsbek völlig deplatziert. Sie gehört dorthin, wo sie zukünftigem Handeln eine Orientierung geben kann: auf die Raumstation.

Wer unter dem Namen Kolumbus auf Entdeckungsreise ins All geht, darf nicht vergessen, dass die europäischen Seefahrer in früheren Jahrhunderten nicht nur als Entdecker, sondern auch als Eroberer die Meere besegelten. Soll sich das jetzt im Sonnensystem fortsetzen? Die Logos der "Columbus"-Mission geben darauf keine Antwort. Dabei ist die Frage alles andere als theoretisch. Viele Wissenschaftler haben die begründete Hoffnung, auf dem Mars Leben zu finden. Wie gehen wir mit diesem Leben um, wenn sich, wie derzeit nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa, Russland und China geplant, ab etwa 2030 Menschen dort niederlassen? Einer der wenigen, die sich klar dazu geäußert haben, ist der britische Mikrobiologe Charles Cockell. Die Ehrfurcht vor dem Leben, schreibt er in seinem Buch "Space on Earth" (Macmillan Science), hindere uns nicht daran, irdische Pflanzen und Tiere zu töten, wenn es für uns von Nutzen ist. Was aber, wenn sich eine außerirdische Lebensform, die wir zunächst als nahrhafte, wohlschmeckende Pflanze wahrgenommen haben, als empfindsames, intelligentes Wesen entpuppt? Um interplanetaren Mord möglichst zu verhindern, statt ihn später zu bedauern, fordert Cockell: "Wir sollten von der höchsten moralischen Relevanz ausgehen und jedes außerirdische Leben als intelligent ansehen, bis das Gegenteil bewiesen ist." Er verweist auf die historisch überreichlich belegte menschliche Neigung, unvertraute Lebensformen, Kulturen und Völker zu zerstören, und gibt zu bedenken: "Wenn wir bei den Entdeckungsreisen der Vergangenheit einem Prinzip ,höchster moralischer Relevanz' gefolgt wären, hätten viel Leid und Zerstörung vermieden werden können."

Ein europäisches Weltraumlabor mit dem Namen Columbus ist nicht vollständig ohne ein Mahnmal für die Opfer der europäischen Expansion. Wir sollten die Schimmelmann-Büste mit einem der nächsten Transporter hinaufschicken. Auf der Erde könnte damit ein unfruchtbarer Streit beendet werden. Und im Orbit wäre der Bronzebaron für die ISS-Besatzung eine ständige Erinnerung daran, dass die von Kolumbus begründete Tradition nicht so schön und ungebrochen ist, wie es die Logos der bevorstehenden Weltraummission suggerieren. Ein so massiges und sperriges Objekt würde die Astronauten behindern und bei der Arbeit stören? Genau das soll es!

Mittwoch, September 05, 2007

Community-Beitrag in Kolonialismus-Broschüre

Die GAL (so heißen in Hamburg die Grünen) hat heute eine Broschüre herausgegeben, in der sich verschiedene Autoren mit dem Thema Kolonialismus und dessen Kontinuitäten in Hamburg beschäftigen. Hier der Community-Beitrag:

Ein Jahr später – Die Black Community und das Schimmelmann-Schandmal
VON VICTORIA B. ROBINSON

“Es handelt sich nicht um eine Verherrlichung“, dies erfuhr ein Journalist, als er sich bei der Pressestelle des Bezirksamtes Wandsbek über die Büste von Heinrich Carl Schimmelmann informierte. Zunächst glaubte er, was man ihm sagte und schrieb seinen Artikel über Schwarzen Aktivismus in Deutschland für eine süddeutsche Tageszeitung. Nach der Veröffentlichung entschuldigte er sich bei mir dafür, dass er nicht mehr über Schimmelmann geschrieben habe – er sei schockiert darüber gewesen, dass er bei Ansicht des Denkmals bemerken musste, dass ihn die Pressesprecherin offensichtlich bewusst getäuscht hatte: “Es ist wirklich ein Skandal, denn die Tafel mit den Informationen ist überaus positiv und kein bisschen kritisch, und das Wort Sklaven ist ja nur in einer Klammer enthalten. Die Pressesprecherin des Bezirksamtes hatte mir am Telefon zuvor etwas ganz anderes erzählt”, so schreibt er in seiner E-Mail.

Wie man sich allen logischen Argumenten verschließen und darauf beharren kann, dass kein Problem, keine historische Relativierung und kein Rassismus vorliegen, wenn die Büste des ehemals größten Sklavenhändlers Europas aufgestellt wird, kann auch ich dem Redakteur nicht erklären. Alles, was ich von den Verantwortlichen an “Argumenten” zu hören bekommen habe, sind abstruse Aussagen wie “ein Denkmal ist keine Ehrung”, “die Büste hat ja auch einen arroganten Gesichtsausdruck”, oder man hätte mit der Aufstellung einen kritischen Diskurs anregen wollen.
Kritisch?
Die Tafel am Denkmal spricht eine andere Sprache, würdigt die kaufmännischen Fähigkeiten des Mannes, der sein eigenes Brandzeichen anfertigen ließ, das mehr als 1000 afrikanischen Menschen unter unvorstellbaren Qualen in ihre geschundene Haut gebrannt wurde. Ein Herz umgibt das Schimmelmann-”S”. Ein Herz, das offensichtlich nur für Profite schlug und nicht von Gedanken an Schmerz, Folter, Mord, Entführung und unendliche Grausamkeit, für die dieser Mann zehntausendfach verantwortlich war, abgelenkt wurde.
Damals war es eben so. Und der ehrwürdige Herr hat ja so viel Gutes getan mit dem Geld, das er durch diese unmenschliche Ausbeutung erworben hat. Seinen Adelstitel kaufte er ebenso von dem schmutzigen Geld wie sein Ansehen als Wohltäter. Ein Wohltäter, der übrigens auch eingeborene Hamburger Waisenkinder als billige Arbeitskräfte missbrauchte. Aber was machen schon die vielen Tausend zerstörten Leben, wenn man sich als Held inszenieren kann?

Und heute? Heute geht es offensichtlich weiterhin nicht darum, was Schwarze Menschen empfinden. Damals landeten sie als Ware neben Kattun und Gewehren, Zuckerrohr und Baumwolle auf Güterlisten, heute sagt man uns, wir sollten uns nicht aufregen, wenn wir unter der Bezeichnung “Sklaven” neben eben diesen Gütern in Klammern auf einer Gedenktafel landen. Als Basis für den wunderbaren Reichtum, den ein Herr Schimmelmann nach Wandsbek gebracht hat. Würde eine Tafel, die einen NS-Mediziner für die bahnbrechenden medizinischen Erkenntnisse ehrt, die er durch Versuche an Juden und anderen “Nicht-Ariern” unter Zwang durchführte, ähnlich unkritisch aufgestellt und erhalten?
Die Vorstellung ist ebenso absurd und menschenverachtend wie die Erinnerung an die hochoffizielle, feierliche Einweihung der Schimmelmann-Büste durch die Hamburger Kultursenatorin und deren anschließende Rechtfertigung in den Medien.
Der Nachrichtenwert? Nach nun einem Jahr kaum noch existent. Unsere Anfragen, Proteste, offenen Briefe? Unbeachtet und unbeantwortet. Unsere Strafanzeigen gegen die Kultursenatorin und den mittlerweile zum Staatsrat beförderten ehemaligen Bezirksamtsleiter Gerhard Fuchs? Abgeschmettert.
Bloß keine Aufregung. Wenn man nur lange genug auf der Rechtmäßigkeit beharrt, werden sich die Wogen schon glätten. So scheinen die CDU-Abgeordneten zu denken, die ihre absolute Mehrheit in Wandsbek dazu nutzten, einstimmig für den Erhalt von Büste und Tafel zu stimmen. Dies, nachdem deren Fraktionsvorsitzender in der Wandsbeker Bezirksversammlung, Graage, nur wenige Wochen zuvor selbst beantragt hatte, Tafel und Denkmal zu verhüllen und in einem Ausschuss das weitere Vorgehen zu besprechen. Bei Graage war angekommen, dass es gegen jedes Verständnis von Menschlichkeit verstößt, die Empfindungen von – schwarzen wie weißen – empörten Bürgern zu ignorieren und kritiklos einen Menschen zu ehren, dessen grausame Taten auch heute noch Schmerz bei den Nachkommen von Betroffenen auslösen. Wenige Wochen später, rechtzeitig zur Bezirksversammlung, war Graage offensichtlich wieder auf Spur gebracht worden und sah sich noch nicht einmal mehr in der Lage, den protestierenden Anwesenden in die Augen zu sehen oder seinen plötzlichen Sinneswandel zu erklären. Ebenso wie der Rest seiner Fraktion, die sich christlich nennt, aber mit Nächstenliebe nichts zu tun hat und damals wie heute nur einen Gott zu kennen scheint: den Profit auf Kosten derer, denen man die Anerkennung ihrer Menschlichkeit verweigert.

Die Black Community fordert weiterhin – gemeinsam mit vielen anderen empörten Bürgerinnen und Bürgern, Organisationen und Initiativen – das Entfernen des Denkmals aus dem öffentlichen Raum, eine öffentliche Entschuldigung sowie eine Auseinandersetzung mit der Beteiligung Hamburgs an der Versklavung von Afrikanern, der Kolonisierung des afrikanischen Kontinents und der Folgen, die der afrikanische Kontinent und Angehörige der afrikanischen Diaspora bis heute zu bewältigen haben.


Freitag, August 10, 2007

Schimmelmann-News: Farbanschlag



Ein weiteres Mal wurde die Büste von Schimmelmann symbolisch mit dem Blut seiner Opfer in Verbindung gebracht (=Unbekannte haben die Büste mit roter Lackfarbe übergossen).



"Vermutlich in der Nacht von Samstag 4.8. auf Sonntag 5.8.2007 ist der schwarzbronzene Kopf des Sklavenhändlers Heinrich Carl Schimmelmann (1724-1782) wieder mit roter Lackfarbe übergossen worden. Die Büste, die vom damaligen Bezirksamtsleiter Gerhard Fuchs neu in Auftrag gegeben war, wurde im September 2006 im Puvogelgarten errichtet. Zahlreiche Proteste begleiten das Denkmal bis heute. Im November 2006 wurde es Ziel eines ersten Farbanschlags. Die Forderung, das Abbild des Menschenschinders aus dem öffentlichen Raum zu entfernen, scheiterte bisher am Votum der regierenden CDU in der Bezirksversammlung Wandsbek."
Bilder (und Zitat) mit freundlicher Genehmigung von Wandsbektransformance, Fotos by Jokinen

Montag, Juli 30, 2007

Tipp: Black Power in Stuttgarter Zeitung

Heute erschien in der Stuttgarter Zeitung ein Artikel mit folgendem Titel: "Beim Bundestreffen von Schwarzen in Hamburg: Der Wunsch nach etwas Black Power in Deutschland."
Interviewt wurden Tahir Della, Vorsitzender von ISD e.V. und ich. Leider ist der Artikel nicht online erhältlich, daher nur dieser kurze Hinweis.



Donnerstag, Mai 24, 2007

Schimmelmann revisited

Es war still um das Schimmelmann-Schandmal, doch das heißt nicht, dass sich seit dem Arte-Beitrag nichts getan hat. Hier eine kleine Zusammenfassung:
Zunächst einmal erfuhren wir, dass die Gedenktafel am Schimmelmann-Mausoleum durch die Kulturbehörde dahingehend erweitert wurde, dass die lukrativste Schimmelmann-Unternehmung, der Handel mit versklavten Menschen und deren Ausbeutung, in einem kurzen Satz erwähnt wird:
Seinen Reichtum hatte der Wandsbeker Guts- und Fabrikbesitzer und königlich dänische Schatzmeister u.a. durch Handel mit Kattun, Gewehren, Zuckerrohr, aber auch mit Menschen als Sklaven zwischen Europa, Afrika und Amerika (atlantischer Dreieckshandel) erlangt.
Natürlich sind wir froh darüber, dass auch an dieser Stelle nicht einfach komplett ausgeblendet wird, was dieser Kerl angerichtet hat, ebenso natürlich reicht ein "aber auch" als Distanzierung bei Weitem nicht aus. Man kann den Vorgang natürlich als leicht durchschaubare Aktion enttarnen, mit der man bzw. Frau nun auf Landesebene ihr Gesicht wahren/wiedererlangen will. Netter Versuch, Frau von Welck!

In der Zwischenzeit befreite die Hamburger Staatsanwaltschaft sich von den unbequemen Strafanträgen gegen die Hamburger Kultursenatorin Karin v. Welck und den nunmehr zum Staatsrat beförderten Gerhard Fuchs vom 18.10.2006 mal schnell mit fadenscheinigen Argumenten (mit denen man auch das Aufstellen eines Hitler-Denkmals begründen und verteidigen könnte) und sah von einer Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab. Ich zitiere:
Die Erwähnung der "Sklaven" im Zusammenhang mit dem sog. Dreieckshandel galt der Beschreibung des Wirkens von Schimmelmann, wenn dies auch - aus nachvollziehbaren Gründen - umstritten ist.
"Umstritten" ist ein etwas milder Ausdruck für einen "Menschen", der mit anderen Menschen wie mit seelenlosen Waren handelte, sein eigenes Brandzeichen in ihre Körper brennen ließ und für unsäglich viel Leid, Morde, Vergewaltigungen, der Entmenschlichung einen beträchtlichen Anteil hatte. "Die Erwähnung" in den Klammern, neben den anderen Waren ist natürlich keine objektive Beschreibung, sondern gleichermaßen eine Bewertung der Ware "Schwarzer Mensch", die neben Kattun, Gewehren, Zuckerrohr und Baumwolle in einer Klammer landet.
Der nächste Absatz ist dann auch sehr interessant:
Vielmehr ist vorliegend zu berücksichtigen, dass durch den Text der Gedenktafel dem Leser geschichtliche Tatsachen zur Kenntnis gebracht werden. So erfährt der Leser, dass zu Zeiten Schimmelmanns der Handel mit Sklaven noch weit verbreitet war und Schimmelmann sein Vermögen, das u.a. aus Sklavenhandel stammte, für den Kauf des Guts Wandsbek und Zuwendungen an die Bewohner Wandsbeks einsetzte. Der Leser erfährt weiter, dass Schimmelmann mit dem Bezirk Wandsbek eng verbunden war und diesen entscheidend geprägt hat.
WTF?!

So wurde gegen diesen Bescheid natürlich Beschwerde eingereicht. Ein kurzer Auszug:

Hätte der Text unter dem Schimmelmann-Denkmal lediglich historische Aufklärungsfunktion gehabt, hätte er keinesfalls unkommentiert die Taten des Verbrechers neben dessen angebliche Wohltaten stellen dürfen. Im Gegenteil hätte der Text dann gerade besonders geißeln müssen, daß Schimmelmann mit dem schmutzigen Geld aus dem Sklavengeschäft sich in Hamburg noch als Quasi-Wohltäter profiliert und seinen Ruhm gemehrt hat.
Nach heutigem Verständnis erfüllt dieses Verhalten mehr als nur den Straftatbestand der Geldwäsche. Kein vernünftiger Mensch wird schließlich bestreiten, daß die Aussagen über Schimmelmann durch Büste, Tafel und Presseäußerung keine den Sklavenhandel verherrlichende Aussage oder kein Lob für dessen Verbrechen darstellten. Im übrigen verweisen wir hierzu auf unsere Ausführungen im Schriftsatz vom 18.10.2006.
Am Ende der Beschwerde:
Die Äußerungen der Beschuldigten, einiger Hamburger Politiker und nicht zuletzt der sachbearbeitenden Staatsanwältin zeugen gerade davon, daß Schimmelmann mit seinem infamen Verhalten ganze Arbeit geleistet und die Hamburger Bevölkerung bis in die heutige Zeit hinein verhetzt hat. Den Bezeichneten kommt gar nicht in den Sinn, daß an den Taten Schimmelmanns nichts Gutes zu finden ist. Abermals fehlt uns das Verständnis eines Unterschieds zum deutschen Diktator von 1933 bis 1945.

Nun warten wir alle einmal mehr gespannt darauf, was wohl passiert. Und was sagt der Bürgermeister?
Es gehe nicht um juristische Fragen, sondern «um die moralische Pflicht, um die historische Verantwortung und um menschlichen Anstand», erklärte von Beust. Er erinnerte in diesem Zusammenhang auf die Talmud-Tora-Schule, die der Senat an die jüdische Gemeinde zurückgegeben hatte, ohne juristisch dazu verpflichtet zu sein.
Leider geht es bei dieser Aussage nicht um Schimmelmann und die Proteste der Black Community und aller klar denkender Menschen, sondern um den Streit um die Rückgabe einer überraschend preiswert erworbenen Immobilie an jüdische Gemeinden.
Schade, dass der blonde Herr nicht in allen Fällen genug Rückgrat beweist, um auf moralische Pflicht, historische Verantwortung und menschlichen Anstand zu pochen!

Montag, April 23, 2007

Schimmelmann-Relativismus

Bei den Kieler Nachrichten hat sich mal wieder jemand - diesmal eine Bettina Albrod - die Mühe gemacht, Schimmelmann (den größten europäischen Versklaver afrikanischer Menschen seiner Zeit und dementsprechend der ehemals reichste Mann Europas) als Gutmenschen, bzw. als "einerseits... andererseits...-Person" darzustellen.

Während bisher nicht in Frage stand, dass er höchstens weißen Menschen gegenüber wohltätig war (wobei sich auch an diesem Punkt die Historiker darüber streiten, ob er sich z.B. um Hamburger Waisenkinder gekümmert, oder sie nur in seinen Fabriken wie der Kattunbleiche als billige Arbeitskräfte ausgebeutet hat), geht man in diesem Artikel ein ganzes Stück weiter und behauptet, er hätte "[a]ndererseit (...) jungen Farbigen Bildung und ein Leben in Freiheit" ermöglicht.
Wenn jemand, sagen wir mal, 1000 Menschen als versklavte Arbeiter, zur Zucht und mit eigenem Brandzeichen hält und mehrere zehn- bis hunderttausende Menschen unter desaströsen Umständen verschiffen und sie in eine noch desaströsere Existenz zwingen lässt, ist Lob und Relativismus sicherlich angebracht, wenn im Gegenzug, sagen wir mal zehn Menschen, "ein Leben in Freiheit ermöglicht" bekommen.
Wer ist ein dänischer Adliger, um einem anderen Menschen ein Leben in Freiheit ermöglichen zu können?!

Dass die "Bildung", die er einigen "seiner" versklavten Menschen zukommen ließ, natürlich dazu diente, die Erträge auf seinen Plantagen zu steigern und dass diese Investitionen auch deswegen vor der Seuche gerettet werden sollten, liegt wohl auf der Hand. Sollte man meinen. Die Kieler Nachrichten sehen das offensichtlich anders...
Einen Glückwunsch an die Imtech GmbH und Gerhard Fuchs für die erfolgreiche Pressearbeit (die Zusammenarbeit zwischen Imtech, Fuchs und Schimmelmann-funktioniert ja schließlich auch bestens)!

Dass es in dem Artikel von rassistischem Vokabular nur so wimmelt, wird wohl nicht überraschen, ist aber keiner eingehenden Analyse würdig. Wer sich über rassismusfreie Berichterstattung bemüht, dem sei, wie immer, Der Braune Mob empfohlen.

Donnerstag, April 12, 2007

Dienstag, April 10, 2007

Terminhinweise: Kritische Stadtrundgänge

Hafenrundfahrten und Stadtrundgänge zu Kolonialismus, Migration und Globalisierung

Als größte deutsche Hafenstadt und „Tor zur Welt“ des Kaiserreichs wurde Hamburg zur Drehscheibe des deutschen Kolonialreichs in Afrika und Asien. „Kolonialwaren“, aber auch Menschen aus den Kolonien fanden ihren Weg in die Hafenstadt. Hamburger Initiativen begeben sich auf die Spuren der kolonialen Vergangenheit und der aktuellen Globalisierung.


„Wandsbek postkolonial - Sklaven, Schnaps und Schokolade“
Fr. 20. April, 17:00 Uhr
Sa. 8. September, 15:00 Uhr

Vor dem Bezirksrathaus Wandsbek erinnert eine Büste an Heinrich Carl Schimmelmann, der 1762 das Gut Wandsbek erworben hatte. Zweifelhafte Ehrung für einen Mann, der als Sklavenhändler immensen Reichtum erwarb. Wandsbeker Textilbetriebe produzierten „Negertuch“, das zum Kauf von Sklaven nach Westafrika exportiert wurde. Auf den dänischen Jungferninseln in der Karibik mussten diese Sklaven für Schimmelmann Zucker und Baumwolle anbauen.
Wir folgen den Spuren des „Schimmelmannschen Wirtschaftskreislaufes“, stoßen auf weitere Zeugnisse der kolonialen Vergangenheit und spüren der Frage nach, wie mit dem „kolonialen Erbe“ heute umgegangen wird.

Treff:
Christuskirche / Wandsbek Markt

Dauer:
ca. 2 Stunden

Veranstalter:
Eine Welt Netzwerk Hamburg e.V.

Teilnahme:
6 € / erm. 4 €

Info:
www.ewnw.de
Fon 040-3589386

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Rundgang „Tansania-Park“ oder Postkolonialer Erinnerungsort?
Das Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne in Jenfeld

Sa. 5. Mai, 15:00 Uhr
So. 7. Oktober, 15:00 Uhr

1999 zog die Bundeswehr aus der Lettow-Vorbeck-Kaserne in Jenfeld (Bezirk Wandsbek) aus. Sie hinerließ Denkmäler aus der NS-Zeit, die ursprünglich errichtet worden waren, um das koloniale Militär des Kaiserreichs zu verherrlichen: die „Askari-Reliefs“, ein „Schutztruppen-Ehrenmal“ sowie die Terrakotta-Porträts deutscher Kolonaloffiziere. Seitdem gibt es Streit, ob und wie die kolonialen Hinterlassenschaften der Öffentlichkeit präsentiert werden sollen.
Der Rundgang erläutert den Entstehungskontext der Denkmäler und führt in den Konflikt zwischen militaristischer Traditionspflege und postkolonialer Erinnerungskultur ein.

Treff:
Kaserneneingang Wilsonstr. 49 (Bus Kuehnstraße Ost).

Leitung:
Heiko Möhle

Dauer:
ca. 1,5 Stunden

Veranstalter:
Eine Welt Netzwerk Hamburg e.V.

Teilnahme:
6 € / erm. 4 €

Info:
www.ewnw.de
Fon 040-3589386

Mittwoch, April 04, 2007

Black Community on ARTE!

Am Donnerstag, 05.04.2007, zeigt ARTE ab 23.10 Uhr in der Sendung "Tracks" einen Beitrag über den Black History Month in Hamburg und die Black Community allgemein. Natürlich geht es auch um Schimmelmann...
Eine Wiederholung gibt es am Dienstag, 11.04. ab 1.20 Uhr.

Mittwoch, März 21, 2007

Schimmelmann-Attika

Unter dem wunderbaren Motto "Africa meets Europe" lud das Bezirksamt Wandsbek am Montag den Bürgermeister von Dar es Salaam (Tansania) ein und wollte der Presse beim Fototermin Afrikaner und Wandsbeker vor der Attika des alten Versklavers Schimmelmann anbieten.

Mitglieder der Black Community waren vor Ort und haben daran erinnert, dass das Zusammentreffen von Afrika und Wandsbek noch immer nicht im Ansatz auf Augenhöhe stattfindet.
Hier ein Bild und demnächst der Link zum Video: