Donnerstag, Mai 24, 2007

Schimmelmann revisited

Es war still um das Schimmelmann-Schandmal, doch das heißt nicht, dass sich seit dem Arte-Beitrag nichts getan hat. Hier eine kleine Zusammenfassung:
Zunächst einmal erfuhren wir, dass die Gedenktafel am Schimmelmann-Mausoleum durch die Kulturbehörde dahingehend erweitert wurde, dass die lukrativste Schimmelmann-Unternehmung, der Handel mit versklavten Menschen und deren Ausbeutung, in einem kurzen Satz erwähnt wird:
Seinen Reichtum hatte der Wandsbeker Guts- und Fabrikbesitzer und königlich dänische Schatzmeister u.a. durch Handel mit Kattun, Gewehren, Zuckerrohr, aber auch mit Menschen als Sklaven zwischen Europa, Afrika und Amerika (atlantischer Dreieckshandel) erlangt.
Natürlich sind wir froh darüber, dass auch an dieser Stelle nicht einfach komplett ausgeblendet wird, was dieser Kerl angerichtet hat, ebenso natürlich reicht ein "aber auch" als Distanzierung bei Weitem nicht aus. Man kann den Vorgang natürlich als leicht durchschaubare Aktion enttarnen, mit der man bzw. Frau nun auf Landesebene ihr Gesicht wahren/wiedererlangen will. Netter Versuch, Frau von Welck!

In der Zwischenzeit befreite die Hamburger Staatsanwaltschaft sich von den unbequemen Strafanträgen gegen die Hamburger Kultursenatorin Karin v. Welck und den nunmehr zum Staatsrat beförderten Gerhard Fuchs vom 18.10.2006 mal schnell mit fadenscheinigen Argumenten (mit denen man auch das Aufstellen eines Hitler-Denkmals begründen und verteidigen könnte) und sah von einer Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab. Ich zitiere:
Die Erwähnung der "Sklaven" im Zusammenhang mit dem sog. Dreieckshandel galt der Beschreibung des Wirkens von Schimmelmann, wenn dies auch - aus nachvollziehbaren Gründen - umstritten ist.
"Umstritten" ist ein etwas milder Ausdruck für einen "Menschen", der mit anderen Menschen wie mit seelenlosen Waren handelte, sein eigenes Brandzeichen in ihre Körper brennen ließ und für unsäglich viel Leid, Morde, Vergewaltigungen, der Entmenschlichung einen beträchtlichen Anteil hatte. "Die Erwähnung" in den Klammern, neben den anderen Waren ist natürlich keine objektive Beschreibung, sondern gleichermaßen eine Bewertung der Ware "Schwarzer Mensch", die neben Kattun, Gewehren, Zuckerrohr und Baumwolle in einer Klammer landet.
Der nächste Absatz ist dann auch sehr interessant:
Vielmehr ist vorliegend zu berücksichtigen, dass durch den Text der Gedenktafel dem Leser geschichtliche Tatsachen zur Kenntnis gebracht werden. So erfährt der Leser, dass zu Zeiten Schimmelmanns der Handel mit Sklaven noch weit verbreitet war und Schimmelmann sein Vermögen, das u.a. aus Sklavenhandel stammte, für den Kauf des Guts Wandsbek und Zuwendungen an die Bewohner Wandsbeks einsetzte. Der Leser erfährt weiter, dass Schimmelmann mit dem Bezirk Wandsbek eng verbunden war und diesen entscheidend geprägt hat.
WTF?!

So wurde gegen diesen Bescheid natürlich Beschwerde eingereicht. Ein kurzer Auszug:

Hätte der Text unter dem Schimmelmann-Denkmal lediglich historische Aufklärungsfunktion gehabt, hätte er keinesfalls unkommentiert die Taten des Verbrechers neben dessen angebliche Wohltaten stellen dürfen. Im Gegenteil hätte der Text dann gerade besonders geißeln müssen, daß Schimmelmann mit dem schmutzigen Geld aus dem Sklavengeschäft sich in Hamburg noch als Quasi-Wohltäter profiliert und seinen Ruhm gemehrt hat.
Nach heutigem Verständnis erfüllt dieses Verhalten mehr als nur den Straftatbestand der Geldwäsche. Kein vernünftiger Mensch wird schließlich bestreiten, daß die Aussagen über Schimmelmann durch Büste, Tafel und Presseäußerung keine den Sklavenhandel verherrlichende Aussage oder kein Lob für dessen Verbrechen darstellten. Im übrigen verweisen wir hierzu auf unsere Ausführungen im Schriftsatz vom 18.10.2006.
Am Ende der Beschwerde:
Die Äußerungen der Beschuldigten, einiger Hamburger Politiker und nicht zuletzt der sachbearbeitenden Staatsanwältin zeugen gerade davon, daß Schimmelmann mit seinem infamen Verhalten ganze Arbeit geleistet und die Hamburger Bevölkerung bis in die heutige Zeit hinein verhetzt hat. Den Bezeichneten kommt gar nicht in den Sinn, daß an den Taten Schimmelmanns nichts Gutes zu finden ist. Abermals fehlt uns das Verständnis eines Unterschieds zum deutschen Diktator von 1933 bis 1945.

Nun warten wir alle einmal mehr gespannt darauf, was wohl passiert. Und was sagt der Bürgermeister?
Es gehe nicht um juristische Fragen, sondern «um die moralische Pflicht, um die historische Verantwortung und um menschlichen Anstand», erklärte von Beust. Er erinnerte in diesem Zusammenhang auf die Talmud-Tora-Schule, die der Senat an die jüdische Gemeinde zurückgegeben hatte, ohne juristisch dazu verpflichtet zu sein.
Leider geht es bei dieser Aussage nicht um Schimmelmann und die Proteste der Black Community und aller klar denkender Menschen, sondern um den Streit um die Rückgabe einer überraschend preiswert erworbenen Immobilie an jüdische Gemeinden.
Schade, dass der blonde Herr nicht in allen Fällen genug Rückgrat beweist, um auf moralische Pflicht, historische Verantwortung und menschlichen Anstand zu pochen!

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