Im Februar wird in Hamburg ein neuer Senat gewählt, doch dass die CDU abtritt, ist besonders unter Berücksichtigung ihrer engen Zusammenarbeit mit den Grünen kaum vorstellbar. Das CDU-Konzept "Die wachsende Stadt" und die grüne "soziale Stadt" rücken zusammen, Differenzen werden mit Blick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung runtergeschluckt. Im Mittelpunkt steht die Wirtschaftlichkeit. Was nicht dazu passt, wird eingesperrt, ausgewiesen, oder ausgebeutet. MigrantInnen als hochqualifizierte Fachkräfte oder als unter jedem geforderten Mindestlohn arbeitenden Dienstleister, gefürchtet als Konkurrenz auf dem heimischen Arbeitsmarkt oder als Lohndumper. Wer verwertbar ist, darf bleiben, anderen wird der Zugang mit hohem Kapitaleinsatz verwehrt.
Hamburg bietet sich für ein solches Camp an. Die Stadt, die sich selbst gerne nach außen als weltoffen und liberal hinstellt, große Kreuzdampfer mit überschwenglichen Feuerwerken begrüßt, den Tourismus als Hauptsäule ihrer Wirtschaftspolitik versteht und aufgeschlossen und selbstbewußt international als Wirtschaftsstandort wirbt, ist nach innen geprägt von einer Politik der Ausgrenzung. Dabei etabliert sich der Hamburger Flughafen als norddeutsche Zentrale für europaweite Sammelabschiebungen, die die Ausländerbehörde organisiert, ebenso wie die Auslagerung von Flüchtlingen in das Lager Horst, die Sendung legalisierungsfeindlicher Bescheide und dem ganz alltäglichen Rassismus an den Schreibtischen.
m Sommer 2008 wird es in Hamburg ein großes transnationales AntiRa-Camp geben. Dieses nehmen wir als Anlass, bereits im Vorfeld zu einer Beteiligung an der Erstellung eines antirassistischen Readers aufzurufen. Unser Ziel ist, einerseits die Vielfalt der antirassistischen Widerstandsbewegung und der Auseinandersetzungen um die Grenzregime widerzuspiegeln, aber andererseits eben auch aufzuzeigen, wie vielfältig der alltägliche und strukturelle Rassismus und die Entrechtung in Hamburg, in (Schengen-) Europa und weltweit ist, welche Zusammenhänge bestehen, aber auch welche Formen des Widerstandes realisierbar sind und realisiert werden.
Die Abschottung nach außen wird maßgeblich von der Frontex (Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen) geführt. Mit Hauptsitz in Warschau wird hier mit einem Budget von 35 Mio. Euro auf EU-Ebene eine Schnittstelle geschaffen, deren Auftrag in der Bekämpfung der irregulären Migration liegt. Bekannte Schwerpunkte sind die von Frontex koordinierten Einsätze im Mittelmeer, vor der spanischen Küste und zur Abschottung der Kanarischen Inseln, die zusätzliche Todesopfer unter den migrationsbereiten afrikanischen Flüchtlingen provozieren. Weniger bekannt ist etwa der Frontex-Einsatzbereich Griechenland (bzw. Ägäis), das kürzlich wegen massiver Übergriffe gegen die dort gestrandeten Flüchtlinge in die Schlagzeilen kam. Ein weiterer Aktionsbereich liegt in dem Training der Grenzschutztruppen, deren erster Fokus auf der Erkennung von gefälschten Dokumenten, Standards für Abschiebemaßnahmen, Erkennung gestohlener Autos, Training für Hubschrauberpiloten und Sprachkursen lag. Das bisherige Training wurde in Lübeck an der Grenzschutzpolizeischule durchgeführt, weitere Trainings für 2008 sind hier geplant, bis eine europäische Grenzschutzpolizeischule eingerichtet ist.
Anlässe ein Camp mit antirassistischer Ausrichtung in Hamburg zu planen gibt es daher mehr als genug. Der Fokus wird auf Frontex/Außengrenzen, Abschiebungen und Lager gerichtet sein, bietet aber auch die Möglichkeit der Verknüpfung mit allen weiteren Themen. Daher rufen wir nun alle AktivistInnen, KünstlerInnen, Gruppen und Institutionen auf, sich an einem antirassistischen Reader mit Texten, Aktionsvorschlägen und kreativen Ideen zu beteiligen. Wo liegen die Schnittstellen zwischen antirassistischer Politik und Euren Inhalten? Wo liegen linke, solidarische Perspektiven und Gegenentwürfe, wie kann Widerstand gelebt werden, wie kann unsere Stimme lauter werden? Egal ob hochtheoretisch oder auf dem Aktionslevel, wir freuen uns auf zahlreiche Beiträge.
Die Beiträge für den Reader sollten nach Möglichkeit bis Ende März vorliegen. Ihr könnt sie - möglichst im Format Word oder RTF, Bilder im Format 150 dpi (Grafiken, Logos etc.) bis 300 dpi (Fotos) - an diese Adresse schicken: camp08[a]kein.org. Der Reader wird das PDF-Format haben.
Eure AG Mobilisierung und Öffentlichkeitsarbeit
des Transnationalen Antirassistischen Sommercamps 2008 in Hamburg
P.S.: der genaue Termin des Camps steht noch nicht fest, dieser wird voraussichtlich beim nächsten Vorbereitungstreffen am 15.3.08 in Hamburg beschlossen.
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