Sonntag, September 30, 2007

Nach 5 Monaten: Richtigstellung zu meiner Veröffentlichung

Wie hier angekündigt, wurde im April einer meiner Texte im Journal 360 Grad veröffentlicht. Obwohl ich mir von Anfang an eine Endabnahme meines Textes vorbehalten habe, wurden nach dieser Endabnahme noch Veränderungen vorgenommen, die meinen Text in eine Richtung gelenkt haben, mit der er ursprünglich nichts zu tun hatte. So wurde plötzlich die Frage gestellt, warum sich denn "so wenige" integrieren würden und es wurden Statements zur wirtschaftlichen Nützlichkeit von Immigration eingefügt.

Beide Statements stammen nicht von mir. Ich bin weder der Meinung, dass sich "so wenige" integrieren (oder dies sollten), noch beteilige ich mich an wirtschaftlichen Verwertungsdebatten, die ich für menschenverachtend halte. Außerdem hatte der Text de facto nichts mit Immigration und Integration als solche zu tun, sondern sollte aufspüren, wie absurd mediale Darstellungen zum Thema sind und dass auch komplette Assimilierung an eine deutsche "Leitkultur" nichts nützen, so lange die Bevölkerung rassistisch ist. Diese Argumentation habe ich am Beispiel von den Schwarzen Deutschen ausgeführt, die in Deutschland aufgewachsen und sozialisiert sind und dennoch permanent mit Ausschlussmechanismen konfrontiert werden.

Lange Rede, kurzer Sinn, hier ist nun MEIN Text (minus der genderneutralen Formulierungen, die in der ursprünglichen Version enthalten, aber dem "jungen" Heft ebenfalls zu abenteuerlich waren): PDF Schwarze deutsche Kräfte

Montag, September 24, 2007

Roots Germania - Filmpremiere!

Filmfest Hamburg, Freitag 28.09. um 19:30 im Grindel 3Cologne Conference, Sa 29.09, ZDF Showcase, 16:30 im Filmhausim TV, ZDF /Das kleine Fernsehspiel, 05.11., um 0:20 UhrDokumentarfilmfest Kassel, 15.11., 17:15, im GloriaDie Kugel ist für Dich, Mo Asumang!“. Mit dieser Textzeile rief die Neonaziband „White Aryan Rebels" in einem Hetzsong zum Mord an der Fernsehmoderatorin und Schauspielerin Mo Asumang auf. Dieser Schock inspirierte Mo zu einer filmischen Spurensuche, die das ZDF am 05. November in der Reihe ‚Das kleine Fernsehspiel’ zeigt. Auf ihrer Recherchereise versucht Mo Asumang die Ursachen solchen Hasses und die Ausgrenzung von Migranten zu ergründen. Den bösartig gemeinten Rat der Neonazis nimmt Mo Asumang dabei ernst: „Geh dahin, wo du hergekommen bist!". Ist das ihr Geburtsort Kassel? Oder Ghana, woher ihr Vater stammt? Aber dort gilt
sie als Weiße. Doch ein Aufenthalt dort öffnet ihr die Augen für einen ganz neuen Weg, den Rassismus und Germanenkult deutscher Neonazis zu hinterfragen. So wird Mo`s Identitätssuche ganz nebenbei auch eine spirituelle Reise zu afrikanisch und germanischen Ahnen und Kultplätzen. Doch nicht nur das. Mo mischt sich auf einer NPD-Demo unter 3000 Neonazis, bringt Nazikader aus der Fassung, durchforstet braune Websites im Internet, und steigt in die „Himmler Gruft" der Wewelsburg hinab. Eine intensive, aber immer wieder auch ironisch-humorvolle Reise, die nicht nur dazu führt, ein persönliches Trauma abzulegen, das durch Vorurteile, Hass und Furcht zustande kam. Mo wächst den Neonazis dabei über den Kopf.

Buch und Regie: Mo Asumang Kamera: Felix Leiberg Schnitt: Karin Nowarra, Beatrice Babin Musik/Mischung: Johannes Malfatti
Ton/Mischung: Silvio Naumann MA Motion in Koproduktion mit ZDF / Das kleine Fernsehspielin Kooperation mit der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf", Potsdam-Babelsberg

Mittwoch, September 12, 2007

Mos Def & Cornel West bei Bill Maher

Zwei der drei Herren aus der Überschrift sind potentielle Ehemänner - wer den richtigen Tipp abgibt, gewinnt ;-)

Sehr interessante Diskussion über Terrorismus, Rassismus, die Situation von Afro-Amerikanern und darum, wie dumm George Bush ist. Außerdem über Jena 6, worüber ich ja schon mehrmals gebloggt habe (hier, hier), aber seht selbst:



via hubby number 3

Mittwoch, September 05, 2007

Community-Beitrag in Kolonialismus-Broschüre

Die GAL (so heißen in Hamburg die Grünen) hat heute eine Broschüre herausgegeben, in der sich verschiedene Autoren mit dem Thema Kolonialismus und dessen Kontinuitäten in Hamburg beschäftigen. Hier der Community-Beitrag:

Ein Jahr später – Die Black Community und das Schimmelmann-Schandmal
VON VICTORIA B. ROBINSON

“Es handelt sich nicht um eine Verherrlichung“, dies erfuhr ein Journalist, als er sich bei der Pressestelle des Bezirksamtes Wandsbek über die Büste von Heinrich Carl Schimmelmann informierte. Zunächst glaubte er, was man ihm sagte und schrieb seinen Artikel über Schwarzen Aktivismus in Deutschland für eine süddeutsche Tageszeitung. Nach der Veröffentlichung entschuldigte er sich bei mir dafür, dass er nicht mehr über Schimmelmann geschrieben habe – er sei schockiert darüber gewesen, dass er bei Ansicht des Denkmals bemerken musste, dass ihn die Pressesprecherin offensichtlich bewusst getäuscht hatte: “Es ist wirklich ein Skandal, denn die Tafel mit den Informationen ist überaus positiv und kein bisschen kritisch, und das Wort Sklaven ist ja nur in einer Klammer enthalten. Die Pressesprecherin des Bezirksamtes hatte mir am Telefon zuvor etwas ganz anderes erzählt”, so schreibt er in seiner E-Mail.

Wie man sich allen logischen Argumenten verschließen und darauf beharren kann, dass kein Problem, keine historische Relativierung und kein Rassismus vorliegen, wenn die Büste des ehemals größten Sklavenhändlers Europas aufgestellt wird, kann auch ich dem Redakteur nicht erklären. Alles, was ich von den Verantwortlichen an “Argumenten” zu hören bekommen habe, sind abstruse Aussagen wie “ein Denkmal ist keine Ehrung”, “die Büste hat ja auch einen arroganten Gesichtsausdruck”, oder man hätte mit der Aufstellung einen kritischen Diskurs anregen wollen.
Kritisch?
Die Tafel am Denkmal spricht eine andere Sprache, würdigt die kaufmännischen Fähigkeiten des Mannes, der sein eigenes Brandzeichen anfertigen ließ, das mehr als 1000 afrikanischen Menschen unter unvorstellbaren Qualen in ihre geschundene Haut gebrannt wurde. Ein Herz umgibt das Schimmelmann-”S”. Ein Herz, das offensichtlich nur für Profite schlug und nicht von Gedanken an Schmerz, Folter, Mord, Entführung und unendliche Grausamkeit, für die dieser Mann zehntausendfach verantwortlich war, abgelenkt wurde.
Damals war es eben so. Und der ehrwürdige Herr hat ja so viel Gutes getan mit dem Geld, das er durch diese unmenschliche Ausbeutung erworben hat. Seinen Adelstitel kaufte er ebenso von dem schmutzigen Geld wie sein Ansehen als Wohltäter. Ein Wohltäter, der übrigens auch eingeborene Hamburger Waisenkinder als billige Arbeitskräfte missbrauchte. Aber was machen schon die vielen Tausend zerstörten Leben, wenn man sich als Held inszenieren kann?

Und heute? Heute geht es offensichtlich weiterhin nicht darum, was Schwarze Menschen empfinden. Damals landeten sie als Ware neben Kattun und Gewehren, Zuckerrohr und Baumwolle auf Güterlisten, heute sagt man uns, wir sollten uns nicht aufregen, wenn wir unter der Bezeichnung “Sklaven” neben eben diesen Gütern in Klammern auf einer Gedenktafel landen. Als Basis für den wunderbaren Reichtum, den ein Herr Schimmelmann nach Wandsbek gebracht hat. Würde eine Tafel, die einen NS-Mediziner für die bahnbrechenden medizinischen Erkenntnisse ehrt, die er durch Versuche an Juden und anderen “Nicht-Ariern” unter Zwang durchführte, ähnlich unkritisch aufgestellt und erhalten?
Die Vorstellung ist ebenso absurd und menschenverachtend wie die Erinnerung an die hochoffizielle, feierliche Einweihung der Schimmelmann-Büste durch die Hamburger Kultursenatorin und deren anschließende Rechtfertigung in den Medien.
Der Nachrichtenwert? Nach nun einem Jahr kaum noch existent. Unsere Anfragen, Proteste, offenen Briefe? Unbeachtet und unbeantwortet. Unsere Strafanzeigen gegen die Kultursenatorin und den mittlerweile zum Staatsrat beförderten ehemaligen Bezirksamtsleiter Gerhard Fuchs? Abgeschmettert.
Bloß keine Aufregung. Wenn man nur lange genug auf der Rechtmäßigkeit beharrt, werden sich die Wogen schon glätten. So scheinen die CDU-Abgeordneten zu denken, die ihre absolute Mehrheit in Wandsbek dazu nutzten, einstimmig für den Erhalt von Büste und Tafel zu stimmen. Dies, nachdem deren Fraktionsvorsitzender in der Wandsbeker Bezirksversammlung, Graage, nur wenige Wochen zuvor selbst beantragt hatte, Tafel und Denkmal zu verhüllen und in einem Ausschuss das weitere Vorgehen zu besprechen. Bei Graage war angekommen, dass es gegen jedes Verständnis von Menschlichkeit verstößt, die Empfindungen von – schwarzen wie weißen – empörten Bürgern zu ignorieren und kritiklos einen Menschen zu ehren, dessen grausame Taten auch heute noch Schmerz bei den Nachkommen von Betroffenen auslösen. Wenige Wochen später, rechtzeitig zur Bezirksversammlung, war Graage offensichtlich wieder auf Spur gebracht worden und sah sich noch nicht einmal mehr in der Lage, den protestierenden Anwesenden in die Augen zu sehen oder seinen plötzlichen Sinneswandel zu erklären. Ebenso wie der Rest seiner Fraktion, die sich christlich nennt, aber mit Nächstenliebe nichts zu tun hat und damals wie heute nur einen Gott zu kennen scheint: den Profit auf Kosten derer, denen man die Anerkennung ihrer Menschlichkeit verweigert.

Die Black Community fordert weiterhin – gemeinsam mit vielen anderen empörten Bürgerinnen und Bürgern, Organisationen und Initiativen – das Entfernen des Denkmals aus dem öffentlichen Raum, eine öffentliche Entschuldigung sowie eine Auseinandersetzung mit der Beteiligung Hamburgs an der Versklavung von Afrikanern, der Kolonisierung des afrikanischen Kontinents und der Folgen, die der afrikanische Kontinent und Angehörige der afrikanischen Diaspora bis heute zu bewältigen haben.


Dienstag, September 04, 2007

Mügeln aus afrodeutscher Perspektive

Die afrodeutsche Antirassismus-Trainerin Manuela Ritz ist in Mügeln aufgewachsen. Nun wurde sie von der Zeit Online zum Thema Rassismus interviewt. Hier einige Ausschnitte:

ZEIT online: Gibt es Rassismus in Mügeln?

Ritz: Es gibt Rassismus in Deutschland. Schon der Umgang mit den Worten zeigt das Problem. Wenn man von Rechtsradikalismus spricht, kann man sich zurücklehnen und sagen, es geht nur um fünfzig Leute, die wahnsinnig sind. Wenn man dagegen von Rassismus spricht, muss sich jeder selbst anschauen, muss nachdenken, mit welchen Vorurteilen er durch die Gegend läuft. Dass das Wort so vermieden wird, liegt daran, dass es dabei um alle geht. Das ist der Kern des Problems. Tendenziell auch bei jenen, die sich gar nicht für rassistisch halten, trotzdem aber Bilder und Sprüche im Kopf haben, die in diese Richtung gehen.

(...)

Was mir zeigt, dass sich die Einstellung in diesem Land nicht geändert hat, egal in welcher Stadt. Es wird immer noch so getan, als wäre deutsch gleich weiß. Und wer asiatisch oder indisch aussieht, gehört nicht hier her. Und wird wegen seines Aussehens kriminalisiert. Das ist makaber, wenn man bedenkt, das zum Beispiel Schwarze seit dem 15. oder 16. Jahrhundert hier leben.

(...)

ZEIT online: Viele Mügelner sagen, sie seien nicht rassistisch, sie würden ja auch beim türkischen Dönerstand und dem vietnamesischen Blumenladen einkaufen.

Ritz: Meine Mutter hat mich nach dem Vorfall angerufen und sagte als ersten Satz wörtlich: Wir werden berühmt. Das fand ich sehr erschreckend. Aber es ist auch bezeichnend. Sie erleben ihren Rassismus ja nicht selbst. Sie haben nur dabei gestanden. Abbekommen haben es die Inder, die da um ihr Leben rannten. Und manche beklagen jetzt sogar, dass Mügeln in Misskredit gezogen wird. Das ist makaber, sich selbst in den Fokus zu stellen, sich zu bemitleiden, dass „es“ passiert ist.

(...)

Irgendwann sind die Journalisten wieder weg und dann geht alles wieder seinen geregelten Gang. Da schließt sich für mich auch der Kreis. Das ist möglich, wenn man sagt, es waren nur ein paar Rechtsradikale. Dann kann man schnell zur Tagesordnung übergehen. Wenn man das darüber liegende Thema Rassismus ansprechen würde, ging das so schnell nicht. Dann müsste man sich damit auseinandersetzen und zugeben, bei uns gibt es Rassismus, wir sind vielleicht selbst rassistisch.

Es geht um eine Auseinandersetzung mit mir selbst. Ich muss für mich selbst klären, ob ich rassistisches Gedankengut habe und wie ich es loswerden kann. Darum geht es auch bei den Workshops, die ich leite: den Menschen zu zeigen, was alles in ihnen ist. Dann können sie entscheiden, was sie damit tun wollen. Wenn man nicht hinschauen will, kann man nichts gegen Rassismus tun. Man muss sich den Dingen stellen, die man selber denkt.

ZEIT online: Nach solchen Vorfällen wird schnell mehr Zivilcourage gefordert. Hilft es, couragierter zu sein?

Ritz: Ich frage mich, wieso es immer Zuschauer geben muss, wenn ein paar Leute zuschlagen. Wenn ich allein Zuschauerin wäre von fünfzehn Männern, würde ich auf Zivilcourage pfeifen. Aber wenn das Verhältnis so ist, wie es in Mügeln war, wundere ich mich, warum niemand etwas tut. Für mich beantwortet es die Frage, ob es in Deutschland Rassismus gibt: Das Zuschauen und Nichtstun ist ein stilles Bekenntnis, dass es ok ist, was dort passiert. Man macht nichts, um deutlich zu machen, das ist nicht in Ordnung.

Montag, September 03, 2007

Weniger Politisches: Musik-Tipp

Heute erscheint das Album einer der sympathischsten Reggae-Combos Deutschlands, also seht Euch das Video an und besorgt Euch das Album (wenn sogar ich als digital-Hörer mich entscheide, mir ne CD anzuschaffen, heißt das was!!!):