Samstag, Februar 10, 2007

Sklavenhändler-Denkmal mit kirchlichem Segen

Beitrag des Eine Welt Netzwerks Hamburg:

Sklavenhändler-Denkmal mit kirchlichem Segen

Propst verteidigt Aufstellung der Schimmelmann-Büste in Wandsbek

Seit September 2006 erinnern vor dem Rathaus Wandsbek drei Büsten an wichtige Persönlichkeiten der Wandsbeker Geschichte. Die Tatsache, dass unter den Geehrten der frühere Gutsbesitzer Heinrich Carl Schimmelmann ist, hat seit der Einweihung zu einem anhaltenden öffentlichen Sturm der Entrüstung geführt – denn Schimmelmann, der im ausgehenden 18. Jahrhundert die wirtschaftliche Entwicklung Wandsbeks förderte, verdankte seinen immensen Reichtum zum Großteil seiner Beteiligung am internationalen Sklavenhandel.

Gegen das Sklavenhändler-Denkmal haben die Oppositionsparteien im Bezirk Wandsbek protestiert, die Black Community Hamburg, das Eine Welt Netzwerk und viele weitere Organisationen. Kultursenatorin von Welck, die der Einweihung offensichtlich in Unkenntnis von Schimmelmanns Vergangenheit beigewohnt hatte, war die ganze Angelegenheit im Nachhinein peinlich. Allein Bezirksamtsleiter Gerhard Fuchs, der die Aufstellung der Büsten im Alleingang veranlasst hatte, verteidigte sein Vorhaben erbittert, so dass ihn schließlich selbst das konservative Abendblatt als „uneinsichtig“ bezeichnete. Fuchs holte sich schließlich Schützenhilfe von seiner Partei, der CDU, die das Denkmalsensemble im Oktober nachträglich in der Bezirksversammlung absegnete.

Kurz vor Weihnachten erhielt Fuchs nun auch noch Beistand von kirchlicher Seite. In einer Andacht im Gemeindehaus der Wandsbeker Christuskirchengemeinde in Wandsbek sprach sich Matthias Bohl, Propst im Kirchenkreis Stormarn, für den Erhalt der Schimmelmann-Büste aus.

Dabei war es durchaus nicht Bohls Anliegen, Schimmelmann zu verteidigen oder gar den Sklavenhandel zu verharmlosen. In dem uns vorliegenden Manuskript seiner Ansprache prangert der Propst die Versklavung von Menschen aus Afrika an und weist auf Handelsstrukturen hin, „die auch heute noch den afrikanischen Kontinent an seiner Entwicklung hindern“. Im Zusammenhang mit der Schimmelmann-Büste räumt er ein, „dass Menschen an der entstandenen Situation tatsächlich leiden“. Eine Argumentation, an der nicht viel zu kritisieren ist – an den Schlussfolgerungen, die Bohl zieht, jedoch schon: Die Schimmelmann-Büste gehöre „wegen ihres Erinnerungswertes gerade nicht entfernt“. Sie gebe „Anlass zum gesellschaftlichen Erinnern“ und die Chance, „vor Ort … aus der Geschichte zu lernen“.

Erinnerungsarbeit ist ein notwendiges und sinnvolles Unterfangen, und seit Jahren setzen sich Hamburger Initiativen für die Schaffung eines postkolonialen Erinnerungsortes ein. Hätte der Propst sich etwas intensiver mit der Situation vor Ort auseinandergesetzt, dann wüsste er, dass die Schimmelmann-Büste hierfür nicht in Betracht kommt. Ich will drei Gründe nennen:

1. Die Schimmelmann-Büste als Ort der erinnerungskritischen Debatte ist politisch unerwünscht. Die CDU-Mehrheit in der Bezirksversammlung hat bereits im Oktober 2006, also einige Wochen vor Bohls Ansprache, erklärt: „Die drei Büsten und die erklärende Tafel bleiben unverändert.“ Damit hat sie eine geschichtsdidaktische Umgestaltung des Ensembles, die Voraussetzung für die Schaffung eines Erinnerungsortes wäre, grundsätzlich ausgeschlossen. Frühere Erfahrungen im Umgang mit kolonialen Hinterlassenschaften im Bezirk (Stichwort „Tansania-Park“) zeigen, dass es den Herrschaften in ihrer Sturheit durchaus ernst ist.

2. Die Schimmelmann-Büste ist für eine „gemeinsame Gesamtschau auf die historische Situation und ihre Bewertung und Versöhnung“ (Bohl) denkbar ungeeignet. Grundsätzlich stellt die Schaffung einer Büste im 21. Jahrhundert eine reichlich antiquierte Form des Personenkultes dar. Büsten wurden in der europäischen Einnerungskultur immer zum Zweck der Verehrung aufgestellt und sind grundsätzlich positiv konnotiert. Genau deshalb empfinden nicht nur Angehörige der Black Community die Schimmelmann-Büste mit Recht als Beleidigung. Sie ist kein Symbol der Versöhnung, sondern eines der Verhöhnung. Daran würden auch ergänzende Texttafeln nichts ändern.

3. Wenn es tatsächlich darum geht, in Wandsbek einen Erinnerungsort zu gestalten, der Schimmelmanns Rolle als Sklavenhändler beleuchtet, dann braucht man ihm deshalb kein Ehrenmal zu setzen. Denn es gibt den für diesen Zweck geeigneten Platz schon längst. Er befindet sich just auf dem Gelände jener Kirche, in der Bohl seine Ansprache gehalten hat: Auf dem Friedhof der Christuskirche Wandsbek steht das beeindruckende Mausoleum, in dem Heinrich Carl Schimmelmann seit über zweihundert Jahren bestattet ist. Dass Schimmelmann Sklavenhändler war, ist durch die Arbeiten des Kieler Historikers Christian Degn seit den 1970er Jahren bekannt, auch in Wandsbek. Zeit genug, sollte man meinen, um eine Tafel auf dem Kirchhof anzubringen, die auf Schimmelmanns Verstrickungen in den Sklavenhandel aufmerksam machte.

Das Mausoleum gilt als Wandsbeks bedeutendstes Kulturdenkmal, zieht viele Besucher an und wäre von daher als Ort öffentlicher Erinnerung wesentlich attraktiver als der Standort der Büste am Rande des Busbahnhofs. Obendrein ein trefflicher Ort, um die Rolle der Kirche in die Erinnerungsdebatte einzubeziehen, denn, so Bohl selbst, „die Missionierung war immer Begleiter der Kolonialisierung“. Aber vielleicht erscheint es dem Propst doch angenehmer, wenn die Debatte über „die schuldverstrickte koloniale Vergangenheit Wandsbeks“ (Bohl) nicht auf dem Kirchengelände, sondern in gebührender Entfernung am Busbahnhof geführt würde.

Profitiert hat von der Ansprache des Propstes letztlich nur einer: der inzwischen zum Staatsrat aufgestiegene Bezirkamtsleiter Fuchs, der seine Schimmelmann-Büste zum Erinnerungsort aufgewertet und sich selbst bestätigt sieht. Ein bisschen erinnert mich das an die Zeiten des alten Schimmelmann. Damals war es wohl noch üblich, dass der Gutsherr eine Predigt bestellte, und die Kirche folgte. Aber das ist ja längst Vergangenheit.

Heiko Möhle, Eine Welt Netzwerk Hamburg

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