Freitag, Dezember 08, 2006

taz: Der größte Menschenhändler seiner Zeit

Nun hat also auch die taz das Thema Schimmelmann entdeckt und berichtet heute relativ ausführlich über den gesamten Protest. Aufhänger ist die Ankettungs-Aktion von Gisela Walk, aber GAL und die Black Community kommen ebenfalls zu Wort. Hier Ausschnitte aus dem Artikel:

Der größte Menschenhändler seiner Zeit
Der Protest gegen die Büste für Heinrich Carl von Schimmelmann am Wandsbeker Markt in Hamburg reißt nicht ab: Eine 58-Jährige kettet sich täglich an das Abbild, eine Rechtsanwältin klagt wegen Beleidigung gegen die Kultursenatorin und die Black Community bedrängt die CDU in Wandsbek

VON FRIEDERIKE GRÄFF

Das Denkmal, an das sich Gisela Walk ankettet, ist nicht besonders groß. Es ist die Büste eines griesgrämig aussehenden Mannes mit Perücke, und die Inschrift auf dem Sockel ist wegen der roten Farbreste daran schlecht zu lesen. Gisela Walk hat ihm einen Zettel um den Kopf gehängt, auf den sie mit blauem Filzstift geschrieben hat: "Kein Denkmal für den Sklavenhändler". Und darunter: "Rücktritt Bezirksamtsleiter Fuchs und Karin von Welck".

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Die Büste für Heinrich Carl von Schimmelmann haben der Bezirksamtsleiter von Wandsbek und die Hamburger Kultursenatorin im September eingeweiht. Sie steht auf einer Verkehrsinsel neben einem Busbahnhof, neben den Büsten von Tycho Brahe, dem Astronom und der des Grafen Rantzau, der hier eine Burg bauen ließ. Die Büsten sollen die Wandsbeker an die Menschen erinnern, die wichtig für Wandsbek waren, so zumindest erklären es die Menschen im Bezirksamt und in der Kulturbehörde. "Er war ein Sklavenhalter und hat die Menschenrechte verletzt", entgegnen dann Gisela Walk, die neu gegründete "Black Community" und die Wandsbeker Opposition aus SPD und GAL.

Wenn man den Sprecher der Kulturbehörde in Sachen Schimmelmann anruft, schweigt er erst einmal. Dann sagt er, dass die Büste "keine Ehrung" sei, sondern "im Kontext eines Menschen zu sehen sei, der mit Wandsbek wahnsinnig viel zu tun gehabt habe". Und schließlich verweise eine Tafel darauf, dass Schimmelmann sein Geld, mit dem er unter anderem das Wandsbeker Schloss bauen ließ, auch durch Sklavenhandel verdiente. "Die Kultursenatorin begrüßt die Diskussion um die Biographie von Schimmelmann", sagt der Pressesprecher. "Insgesamt kann die Diskussion um Hamburger Persönlichkeiten im Kolonialismus nicht maßgeblich von der Kulturbehörde geführt werden." Von wem dann? "Von Institutionen wie der Hamburger Universität mit dem Schwerpunkt Überseegeschichte".

Für Gisela Walk macht die Tafel, die der Pressesprecher erwähnt hat, die Sache nur noch schlimmer. "Auch durch den so genannten Dreieckshandel (Kattun und Gewehre, Sklaven, Zuckerrohr und Baumwolle) zwischen Europa, Afrika und Amerika galt er als reichster Mann Europas", steht darauf. "Das ist ein Skandal", sagt sie und hängt eines ihrer Schilder darüber, auf dem ein Herz mit einem S darin zu sehen ist - das sei der Brandstempel, der Schimmelmanns Sklaven eintätowiert wurde.

(...)

Gegen das Schimmelmann-Denkmal protestieren längst verschiedenste Gruppen: Die Wandsbeker GAL- und SPD-Fraktionen haben einen Antrag für den Abriss gestellt, den die CDU-Mehrheit ablehnte. In der Folge schrieb die GAL die Hamburger Konsulate an und forderte sie auf, Druck auf die Verantwortlichen auszuüben. Nachdem sie darauf keine Antwort erhielt, schickte sie Briefe an 17 afrikanische Botschaften in Berlin mit der Bitte, sich für die Entfernung einzusetzen. Frank Hiemer, der kulturpolitische Sprecher der Wandsbeker GAL spricht mit einer gewissen Freude über die Vertreter der Black Community, die in die Ausschuss-Sitzungen kämen und "nervten".

Pressesprecherin der Hamburger Black Community ist Victoria Robinson, die Wert darauf legt, dass der Widerstand nicht durchweg ein "internationaler" ist. Sondern ein Widerstand der Schwarzen selbst. Zwei Demonstrationen haben sie bislang organisiert und beabsichtigen, künftig bei allen Kulturausschusssitzungen dabei zu sein. Bislang, so sagt Victoria Robinson, hätten sie von der CDU-Fraktion keine Antworten auf ihre Fragen bekommen. "Sie haben sich körperlich weggedreht, wenn wir mit ihnen sprechen wollten." Einmal habe man die Diskussion wegen eines Formfehlers im Antrag abgelehnt, beim letzten Mal war der CDU der Ton zu provokant. Die Vertreter der Black Community hatten gefragt, ob Wandbek Interesse habe, nur als Standort der am besten organisierten Hamburger Neonazi-Szene und Befürworter eines rassistischen Denkmals in den Schlagzeilen zu erscheinen. "Wir diskutieren nicht auf dieser Ebene", war die Antwort darauf.

Inzwischen ist auch Strafanzeige in der Sache Schimmelmann erstattet worden. Die Hamburger Rechtsanwältin Ama-Pokua von Perreia hat gemeinsam mit einem Kollegen Anzeige gegen die Hamburger Kultursenatorin und den Wandsbeker Kulturamtsleiter erstattet und zwar wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung. In der Begründung heißt es: Schimmelmann "hielt tausende Menschen auf seinen Plantagen als Sklaven, quälte, peitschte, brandmarkte, folterte und ermordete sie durch seine Behandlung. Zudem verschiffte er mit gecharterten Schiffen tausende Sklaven von der westafrikanischen Küste nach Amerika. Es handelt sich um einen der führenden Menschenhändler seiner Zeit". "Noch ist nicht viel passiert", sagt von Pereia. "Die Vorermittlungen laufen noch".

taz Nord vom 8.12.2006, S. 23, 262 Z. (TAZ-Bericht), FRIEDERIKE GRÄFF



Schade, dass die taz warten musste, bis Gisela Walk ihre Aktion durchführte, um ausführlich darüber zu berichten und dass von unseren Aktionen nur in zwei Absäzen die Rede ist.

Außerdem ist natürlich mehr als schade, dass die Autorin einige Dinge sinnnentstellt wiedergegeben hat. Zum einen hat die Black Community nicht erst zwei, sondern drei Protestaktionen organisiert (in unserem Gespräch habe ich nur zwischen den ersten beiden, in denen wir klarstellen wollten, dass es ein Protest von Schwarzen für Schwarze ist und der letzten, in die auch nicht-Schwarze Organisationen und Parteien eingebunden waren, unterschieden). Das "Zitat" darüber, dass es kein "durchweg nationaler", sondern ein Schwarzer Protest ist (verstehe jetzt noch nicht, was sie damit ausdrücken wollte) bezog sich darauf, dass ich ihr gesagt habe, dass es für uns wichtig ist, dass die Black Community einen Protest von und für Schwarze durchführt und dass Medien in der Vergangenheit diese Darstellung unterlaufen haben, indem sie von "nationalen und internationalen Organisationen, die sich für die Rechte von Farbigen einsetzen" (Hervorhebung von mir) berichtet haben.
Wir gehen nicht nur zu Kulturausschusssitzungen, sondern auch weiterhin zu Bezirksversammlungen, um zu "nerven". Über andere Protestwege, wie das Sammeln von Unterschriften, wurde Frau Graeff ebenfalls informiert, aber sie hat es offensichtlich vorgezogen, diese Schmalspur-Version zu verbreiten. Schade eigentlich.

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